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Demut (9): Heimspiele, in denen wir den Bock umstoßen wollten, aber verkackt haben

Die Formkurve zeigte schon seit Wochen nach oben, jetzt haben wir 3:2 in Osnabrück gewonnen, Abstiegsränge zum ersten Mal seit August verlassen – die Altstadt schwebt auf Fußball-Wolke 7.

Und jetzt kommt Zwickau, ein Gegner der Kategorie „Die müssen wir daheim schlagen, wenn wir die Klasse halten wollen“. Ohne Zweifel: Ein Sieg gegen den FSV wäre in unserer jetzigen Situation Gold wert. Wir würden zum ersten Mal in dieser Saison zwei Spiele hintereinander gewinnen, würden uns von den Abstiegsrängen distanzieren und vermutlich allen (nicht nur uns selbst, das wissen wir schon) klarmachen, dass längst nicht mehr der sichere Absteiger sind, zu dem uns ein halbes Jahr lang alle gemacht haben. Es ist mal wieder der berühmte Bock, den wir umstoßen könnten in einem Spiel, in das wir zur Abwechslung mal als so etwas wie der Favorit gehen[1]Allerdings nicht, wenn man den Buchmachern glaubt, die sehen einen Zwickauer Sieg nämlich wahrscheinlicher an. Absurd..

Bei mir werden bei diesen Gedanken aber böse Erinnerungen wach an Spiele aus der Vergangenheit – eine Auswahl an Heimspielen, in denen wir den Bock hätten umstoßen können, es aber verkackt haben.

2008/09: Würzburger FV (1:2)

Gegen den noch sieglosen Tabellenletzten hatten wir die Chance, mit einem Sieg endlich die SpVgg Weiden zu überholen und an die Tabellenspitze zu klettern. Am Spieltag wird jedoch publik, dass die Mannschaft schon wieder seit Wochen auf ihr Gehalt wartet (Matthias Heckenberger spielt deshalb nicht) und wir verlieren mit 1:2. Wenige Wochen später wird die Insolvenz beantragt.

2010/11: Großbardorf (2:2)

Passt nicht so ganz in die Reihe, weil es von der Ausgangssituation deutlich krasser war als die anderen Spiele. Am letzten Spieltag brauchen wir gegen die bereits geretteten Großbardorfer einen Sieg, um die Klasse zu halten, wir gehen hocheuphorisiert nach einem 3:0 bei Haching II ins Spiel. Großbardorf gleicht in der 87. Minute aus, wir müssen im Entscheidungsspiel gegen Hof ran – und steigen schließlich ab.[2]Das Drama um den Abstieg habe ich hier im ersten Demut-Text verarbeitet.

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2014/15: Seligenporten (0:1)

Wir schienen gerade in der Regionalliga angekommen zu sein, gewannen 2:0 in Augsburg und holten gegen Ingolstadt II und in Illertissen jeweils einen Punkt. Im Heimspiel gegen den Letzten könnten wir mit einem Sieg die Abstiegsränge verlassen. Aber natürlich verlieren wir gegen Seligenporten in einem ziemlich ernüchternden Spiel.

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2017/18: Unterföhring (1:2), Rosenheim (1:1), Garching (2:3)

Die Mutter aller „Verkackt“-Saison. In dem mit Nachholspielen vollgepflasterten Saisonendspurt 2017/18 haben wir innerhalb von zehn Tagen das abgeschlagene Schlusslicht , dann am Tag der Legenden den direkten Konkurrenten aus Rosenheim und wenig später den schon längst geretteten, vermeintlichen Lieblingsgegner zu Gast im Hans-Walter-Wild-Stadion. In jedem der Spiele hätte ein Sieg bedeutet, dass wir den gruseligen Negativlauf durchbrechen und wieder voll im Rennen sind. Aber wir haben jedes Mal verkackt: Gegen Unterföhring blamieren wir uns bis auf die Knochen, gegen Rosenheim schaffen wir einfach nicht mehr als einen Punkt und gegen Garching verlieren wir dramatisch nach toller Aufholjagd.

Zum Glück fällt das letzte Spiel der Saison – das 1:1 gegen Aubstadt – in die ebenfalls beliebte Kategorie „Fast-Verkackt“.

Statistik gegen Unterföhring / Statistik gegen Rosenheim / Statistik gegen Garching

2018/19: Rosenheim (0:1)

In der Albersinger-Rost-Saison hatten wir uns in einem tollen Oktober schon unten rausgeboxt, 13 Punkte aus den vorangegangenen fünf Spielen geholt (13:2 Tore). Nach dem Horror-Start mit 0 Punkten und Toren aus den ersten sechs Partien könnten wir uns gegen Schlusslicht Rosenheim zum Abschluss der Hinrunde von den Abstiegsrängen distanzieren. Aber nix wird’s, Rosenheim gewinnt mit 1:0.

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2022/23: Verl (1:3)

Gerade mit dem Wissen von heute zeigt sich, dass die Heimniederlage gegen in der Hinrunde gar nicht so unwahrscheinlich war. Dennoch: Zuvor hatten wir in Oldenburg und gegen Dresden gepunktet, in Meppen sogar gewonnen. Dann kommt mit Verl ein Gegner, den man definitiv zu den schlagbareren (gerade in einem Heimspiel) gezählt hatte. Mit einem Sieg hätten wir zum ersten Mal in der Saison mindestens genauso viele Punkte wie Spiele und würden zudem die Abstiegsränge verlassen. Aber wir verlieren trotz eigentlich ordentlicher Leistung mit 1:3.

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2022/23: Zwickau?

Und jetzt kommt also Zwickau, das nur zwei der letzten 15 Spiele gewonnen hat (aber einen neuen Trainer mitbringt). Wir wiederum emotional richtig oben auf nach dem Sieg in Osnabrück; wir können und distanzieren; wir können die magische 1-Punkte-pro-Spiel-Grenze endlich überschreiten. Alles hervorragende Voraussetzungen, um den Bock umzustoßen. Oder halt nicht.

Ich bin wirklich gespannt, wie die Mannschaft auftritt, wie sie diese Situation annimmt, ob Zwickau mutig spielt (was uns sicherlich eher entgegenkommen würde) oder sich hinten verschanzt. Und ob wir dieses Ding ziehen, wie man heute im Fußball-Slang sagt. Wird ein geiles Spiel!

Ach ja: Das Hinspiel in Zwickau fällt in die Kategorie „Auswärtsspiele, in denen wir den Bock hätten umstoßen können, aber verkackt haben“. Ich hoffe, das Fass muss ich in dieser Saison nicht mehr aufmachen.

Also: Gewinnen am Samstag! Und wenn nicht: Auch dann geht’s weiter.

Oldschdod!

Fußnoten

Fußnoten
1 Allerdings nicht, wenn man den Buchmachern glaubt, die sehen einen Zwickauer Sieg nämlich wahrscheinlicher an. Absurd.
2 Das Drama um den Abstieg habe ich hier im ersten Demut-Text verarbeitet.