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Demut (1): Die Mutter aller Abstiege oder warum ich mir das Spiel gegen Hof gerne jeden Sommer ansehen würde

Es ist vielleicht nicht die beste Entscheidung, in einem der ersten Beiträge auf diesem Blog an eine der schwärzesten Stunden unseres Vereins zu erinnern. Ich tu’s trotzdem, einfach weil man sich beim Lesen der folgenden Zeilen umso mehr vergegenwärtigen kann: Wir waren ganz unten und stehen jetzt dort, wo wir seit Jahrzehnten nicht waren – und bezogen auf die deutschlandweite Aufmerksamkeit, die unserem Verein für eine gesamte Saison zuteil werden wird, vermutlich noch nie.

Aber nun zum Thema. Drehen wir die Uhr mal elf Jahre zurück. In den Mai 2011.

Beginnen wir bei einem Bayreuther Sieg: Am 33. Spieltag der Saison 2010/11 gewinnt die Altstadt, die zu diesem Zeitpunkt von Wolfgang Mahr trainiert wird, mit 3:0 bei der SpVgg Unterhaching II. Der direkte Abstieg in die Landesliga ist damit, nur eine Woche nach dem verheerenden 1:4 in Hof, abgewendet.

Bis eine Woche später, genauer gesagt einen Tag vor dem letzten Spieltag, die Hofer durch das Landgericht (!) per einstweiliger Verfügung drei Punkte zugesprochen bekommen, die sie zuvor wegen eines Becherwurfs abgezogen bekommen hatten.[1]Die armen Hofer haben das mit der einstweiligen Verfügung drei Jahre später übrigens wieder versucht, sind dieses Mal aber krachend gescheitert und damit in die Bayernliga abgestiegen. Das … Weiterlesen

So oder so, das letzte Spiel stand noch aus.

Vor dem letzten Spieltag

13.TSV Aindling40 Punkte
14.SV Heimstetten40 Punkte
15.SpVgg Bayreuth40 Punkte
16.SpVgg Bayern Hof38 Punkte
Bei Punktgleichheit entscheidet ein Entscheidungsspiel

Aindling spielt gegen Würzburg.
Heimstetten spielt gegen Eintracht Bamberg.
Bayreuth spielt gegen Großbardorf.
Hof spielt gegen Ismaning.

Ein Sieg würde mit hoher Wahrscheinlichkeit für den direkten Klassenerhalt genügen, im schlechtesten Falle hätte man dann eine Dreierkonstellation im Jeder-gegen-Jeden-Modus, aus der die schlechteste Mannschaft in die Relegation müsste. Bei einer Niederlage droht dank der drei gewonnen Hofer Punkte aber sogar der direkte Abstieg.

Hof dreht den Pausenrückstand gegen Ismaning und gewinnt am Ende mit 4:1.

Auch Heimstetten gewinnt gegen Bamberg, das mit der Regionalbahn nach München fährt, relativ souverän mit 3:1.

Aindling liegt zur 80. Minute gegen den Würzburger FV mit 0:1 zurück.

Und die Altstadt? Hat gerade durch Timothy Nicolaus in der 77. Minute das 2:1 erzielt – und ist gerade gerettet!

13.SV Heimstetten43 Punkte
14.SpVgg Bayreuth43 Punkte
15.SpVgg Bayern Hof41 Punkte
16.TSV Aindling40 Punkte
Bei Punktgleichheit entscheidet ein Entscheidungsspiel

Doch dann nimmt das Unheil seinen Lauf. Aindling schießt den Ausgleich, dann trifft Großbardorf gegen die Altstadt. Nun würden Bayreuth, Hof und Aindling den Absteiger, Relegationsteilnehmer sowie einen sicheren Platz in der Bayernliga unter sich ausmachen.

Doch dann … lässt der BFV-Scherge in Aindling nachspielen, bis der TSV das 2:1 macht.[2]In der 95. Minute

Die Abschlusstabelle

13.SV Heimstetten43 Punkte
14.TSV Aindling43 Punkte
15.SpVgg Bayreuth41 Punkte
16.SpVgg Bayern Hof41 Punkte
Bei Punktgleichheit entscheidet ein Entscheidungsspiel

Das heißt: Entscheidungsspiel gegen Hof. In Bamberg. Der Sieger darf in die Relegation, der Verlierer in die Landesliga. Puh.

Das Entscheidungsspiel

Womit wir beim 1. Juni 2011 angekommen wären. Heute vor elf Jahren fand das vielleicht absurdeste Spiel der Vereinsgeschichte statt. Die Altstadt, angesichts der jüngsten Ergebnisse krasser Außenseiter, geht früh durch Christopher Klaszka in Führung. Doch irgendwer[3]vermutlich einfach der Verband will nicht, dass es an diesem Abend ein Happy End für unseren Verein gibt.

  1. Minuten nach dem 1:0 läuft Timothy Nicolaus alleine auf das Hofer Tor zu, wo ihn Torwart Christian Berchthold zu Fall bringt. Statt Notbremse gibt es nicht einmal einen Foulpfiff von Schiedsrichter Wolfgang Stark.[4]Der wurde in dieser Saison übrigens zum schlechtesten Bundesliga-Schiedsrichter gewählt
  2. Noch vor der Pause stellt Stark dagegen SpVgg-Kapitän Florian Jakl mit Rot vom Platz. Hartes Einsteigen an der Außenlinie, ja, aber Rot sicherlich nicht.[5]Habe ich vom Gästeblock aus eindeutig gesehen
  3. Hof gleicht in der 65. Minute aus. Es geht in die Verlängerung, wo zehn Altstädter tapfer kämpfen – aber in der 117. Minute das 1:2 kassieren.
  4. Natürlich lässt Stark es sich nicht nehmen, mit Michael Pfann in der 120. Minute einen zweiten Altstädter vom Platz zu stellen.
  5. Hof darf danach feiern. Natürlich unter dem Jubel des „neutralen“ Bamberger Stadionsprechers. Überhaupt wird die Partie keineswegs auf neutralem Grund ausgetragen, sondern in Bamberg, deren paar Fans eine Freundschaft mit den Hofern unterhalten. Selbstredend dürfen die Altstadt-Fans in den abgelegenen Gästekäfig.[6]Wer es sich so richtig geben will, kann sich hier den Thread im SpVgg-Forum und hier den Thread im Hofer Forum durchlesen
  6. Die Altstadt steigt mit 41 Punkten ab. Der Einspruch gegen den absurden „Punktgewinn“ der Hofer einen Tag vor dem letzten Saisonspiel wird abgewiesen.

Ab 2011 heißt die Realität für die Altstadt Neudrossenfeld, Hollfeld, Frammersbach, Pettstadt.[7]Zu denen kommen wir sicher in weiteren Beiträgen

Es tut gut, sich an solche Tage zu erinnern, um wertzuschätzen, wo wir heute stehen.

Übrigens: Karl-Heinz Rummenigge schaut jeden Sommer die TV-Aufzeichnung des „Finale dahoam“ noch einmal an, vermutlich aus irgendeinem masochistischem Trieb. Ernstgemeinte Frage: Hat irgendwer den TVO-Mitschnitt des Spiels? Das wäre doch eine schöne Einstimmung, beispielsweise auf das DFB-Pokalspiel gegen den Hamburger SV.

Grüße gehen raus an den Zwölften der abgelaufenen Bayernliga-Saison![8]Den 1. Juni 2011 kann euch keiner mehr nehmen, die 3. Liga uns aber auch niemand ?

Titelfoto: Andi Bär

Fußnoten

Fußnoten
1 Die armen Hofer haben das mit der einstweiligen Verfügung drei Jahre später übrigens wieder versucht, sind dieses Mal aber krachend gescheitert und damit in die Bayernliga abgestiegen. Das Wunderschöne dabei: Gleichzeitig ist die Altstadt von der Bayernliga in die Regionalliga aufgestiegen.
2 In der 95. Minute
3 vermutlich einfach der Verband
4 Der wurde in dieser Saison übrigens zum schlechtesten Bundesliga-Schiedsrichter gewählt
5 Habe ich vom Gästeblock aus eindeutig gesehen
6 Wer es sich so richtig geben will, kann sich hier den Thread im SpVgg-Forum und hier den Thread im Hofer Forum durchlesen
7 Zu denen kommen wir sicher in weiteren Beiträgen
8 Den 1. Juni 2011 kann euch keiner mehr nehmen, die 3. Liga uns aber auch niemand

2 Antworten auf „Demut (1): Die Mutter aller Abstiege oder warum ich mir das Spiel gegen Hof gerne jeden Sommer ansehen würde“

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