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2022/23 Spieltagebuch

Spieltagebuch (30): Ich will nicht mehr aufwachen aus diesem Traum!

So, das Heimspiel gegen ist nun schon 48 Stunden her. Und immer noch fällt es mir schwer, all das Positive aus diesem Abend zu sortieren und in Worte zu fassen – und das, obwohl ich dem Spiel schon einen Beitrag mit zwölf Statistiken gewidmet habe.

Ich beginne mit den Dingen, die das zurückliegende Spiel (mal wieder) zu einem Erlebnis gemacht haben. Und während man das liest, sollte man sich vergegenwärtigen, dass mir allein beim Gedanken an jeden einzelnen der nachfolgenden Punkte vor wenigen Jahren das Wasser im Mund zusammengelaufen wäre.

Wir leben gerade einen Traum. Und der soll bitte nie mehr enden.

Zum ersten Mal in dieser Saison gelang uns ein halbwegs souveräner Sieg, mit dem wir zudem den überragenden 2:1-Sieg in Dresden „vergoldet“ haben, wie man so schön sagt.[1]Nach dem Spiel in Dresden wollte ich die Stimmen nicht hören, die sagten, dass der Sieg nichts wert sei, würden wir gegen Meppen nicht nachlegen. Das ist natürlich Quatsch, denn in meiner … Weiterlesen[2]Ich muss es einfach nochmal schreiben: Wir haben den Sieg in Dresden vergoldet. Gänsehaut.

Wichtig!

Die Stimmung war der Wahnsinn. Heute vor genau fünf Jahren haben wir im Totopokal gegen 1860 mit 2:1 gewonnen. Damals dachte ich: Besser wird’s vielleicht nicht. Verglichen mit der Atmosphäre vom Freitag war das aber Kindergeburtstag: Über 4.600 Zuschauer an einem verregneten Märztag (bzw. -abend, denn wir haben ja endlich, endlich, endlich !), das Biest brechend voll und nach dem Spiel mit einem traumhaften „Schaaaaalaaa-lalalala-laaaaaaaaaa Aaaaaltstadt Bayreeeeeeeeeuuuuuuuth“. So fühlt sich offenbar ein Flutlichtspiel an.

Unbeschreiblich!

Ebenso traumhaft war, dass man an einem Freitagabend nach einem Heimspiel in den Kult kann.

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Und heute, am Sonntag, kann man dann auch noch sagen: Wir waren der große Gewinner im Abstiegskampf. Als einziges Team haben wir gewonnen, und das auch noch gegen einen direkten Konkurrenten. Nach 30 Spielen – und die 3 vornedran signalisiert, dass wir jetzt wirklich in der entscheidenden Saisonphase sind – stehen wir mit 31 Punkten über dem Strich.

Überragend!

Hätte mir jemand das vor der Saison gesagt, ich hätte es wahrscheinlich nicht geglaubt. Aber sie ist real, die Erinnerung an das Flutlicht-3:0 gegen Meppen. Genauso die Hoffnung auf den Klassenerhalt und damit ein weiteres Jahr in Liga 3 mit legendären Auswärtsfahren, Flutlicht-Heimspielen und ARD Sportschau.

Traumhaft!

Gedanken zum Spiel

Eroll … wow. Unser Regisseur macht sein drittes überragendes Spiel seit der Winterpause. Und mit überragend meine ich nicht „Ganz gut für die dritte Liga“. Nein – wie Eroll den Ball streichelt, wie er Angriffe mit genialen Ideen einleitet, wie er zu jedem Zeitpunkt genau weiß, wo Füße und Ball sind und welche Bewegungen er in den nächsten Zehntelsekunden vollführen muss, um die Kugel an einem, gerne aber auch zwei, drei oder mehr Verteidigern vorbeizuschlängeln, wie er beim 1:0 den Ball überlegt am Torwart vorbeispitzelt und ihn dann beim 3:0 humorlos ins kurze Eck jagt: Das ist Zweitliga-Niveau. Mindestens.

Nolles Ladehemmung ist endlich vorbei. Schon in Dresden waren die Konter über ihn die entscheidenden Momente, nicht umsonst hatte er ja das 1:0 vorbereitet und das 2:0 selbst erzielt. Gegen Meppen machte er direkt da weiter, stellte die gegnerische Abwehr durch seine unwiderstehlichen Sprints vor massive Probleme und sorgte mit einem Geniestreich für das 2:0. Ein Jammer, dass wir diese Aktionen wohl nur noch für acht Spiele genießen können. Aber gleichzeitig auch ein Segen, dass er uns in den kommenden acht Spielen mit diesen Aktionen zum Klassenerhalt schießt.[3]Einmal wird er aber vermutlich aussetzen müssen, immerhin hat er schon vier gelbe Karten.

Ihm zugute kommt vermutlich auch, dass die Systemumstellung funktioniert, die sich Tommy Kleine und Julian Kolbeck für das Dresden-Spiel hatten einfallen lassen und dann gegen Meppen direkt nochmal angewendet haben. Ich hätte nie gedacht, dass im Jahr 2023 ein System ohne offensive Flügelspieler und einer Raute funktionieren kann – jedenfalls habe ich die Raute, mit der bspw. Werder 2004 Meister wurde, schon lange nicht mehr gesehen.[4]Das, was Eddy Schwarz bei uns spielt, hat man früher, glaube ich, Staubsauger genannt. Großes Kompliment an das Trainerteam für diese mutige Entscheidung.

Siege sind einfach wichtig. Klingt trivial – und ist es auch. Denn wir stehen in der Tabelle wieder vor dem Halleschen FC, der zwar seit acht (!) Spielen und damit so lange wie kein anderes Team in der Liga ungeschlagen ist – in dem Zeitraum aber nur zwei Partien gewonnen hat und damit genauso wie wir auf zwölf Punkte kommt. Da ist mir egal, dass wir zwischenzeitlich vier Mal hintereinander verloren und auch ordentlich Prügel kassiert haben. Meinetwegen bekommen wir in den letzten acht Spielen auch noch viermal auf den Sack, wenn wir dafür auch wieder vier Spiele gewinnen. 43 Punkte sollten am Ende nämlich reichen.[5]Halle wird aber spätestens am übernächsten Spieltag wieder Punkte hergeben, wenn es ins Hans-Walter-Wild-Stadion geht!

Frühjahr, nasskaltes Wetter, Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt. Der Tabellenletzte kommt. Vor nicht allzu langer Zeit hätte das bedeutet, dass ich mir gemeinsam mit ca. 399 anderen positiv Bekloppten den Hintern im Hans-Walter-Wild-Stadion abfriere. Aber nicht im Frühjahr 2023, nicht in der 3. Liga. Da kommen mal wieder 4.600 Zuschauer ins Stadion. Praktisch jedes der acht Heimspiele im Jahr 2023 wäre für sich genommen das Highlight gewesen, hätte das Spiel vor 2022 stattgefunden.

Stimmungsbarometer

+7 (war +5 nach Dresden)

Dass ich leicht positiv, vielleicht sogar minimal euphorisch gestimmt bin, hat man den knapp 1.000 Wörtern bis hierhin vermutlich entnehmen können.

Es ist (zumindest für mich) psychologisch wichtig, dass wir an einem Spieltag mit einer drei vorne über dem Strich stehen. Dazu kommt, dass wir – neben Dortmund II – das leichteste Restprogramm aller Abstiegskandidaten haben. Die Wahrscheinlichkeit eines Klassenerhalts ist aktuell größer als die eines Abstiegs. Punkt.

Eine gesunder Hauch Skepsis muss jedoch sein. Vor wenigen Wochen, nach dem 5:3 gegen Zwickau, waren wir praktisch am selben Punkt: Sensationssieg auswärts, dann zu Hause einen Konkurrenten abgeschossen und nun ein Team aus dem Mittelfeld vor der Brust. Damals war das 0:2 in Essen der Auftakt der bislang längsten Durststrecke der Saison mit vier Niederlagen in Serie.

Vielleicht ist das Wissen darum aber jetzt der Vorteil: Die Mannschaft war schon einmal in dieser Situation, war danach etwas zu brav, zu verhalten. Vielleicht funktioniert die Taktik mit der Raute ein drittes Mal in Folge. Vielleicht gelingt es uns in Verl anders als in Essen, das 1:0 vorzulegen. Vielleicht holen wir zum ersten Mal in dieser Saison drei Siege hintereinander. Vielleicht gehen wir dann in zwei Wochen mit fünf Punkten Vorsprung in dann das vorentscheidende Duell mit dem HFC.

Aber egal, ob es so kommt oder nicht: Mein Traum geht weiter. Mindestens noch acht Spiele.

Und ich glaube sogar noch länger.

Fußnoten

Fußnoten
1 Nach dem Spiel in Dresden wollte ich die Stimmen nicht hören, die sagten, dass der Sieg nichts wert sei, würden wir gegen Meppen nicht nachlegen. Das ist natürlich Quatsch, denn in meiner Erinnerung wird dieses 2:1 vor 25.000 Zuschauern immer einen ganz besonderen Platz haben. Und doch: Im Abstiegskampf war der zweite Dreier in Folge schon unheimlich wichtig. Abgestiegen wären wir aber auch nach einer Niederlage gegen Meppen nicht – so haben wir jetzt aber die Chance, in den nächsten zwei, drei Spielen fast schon eine kleine Vorentscheidung zu erwirken.
2 Ich muss es einfach nochmal schreiben: Wir haben den Sieg in Dresden vergoldet. Gänsehaut.
3 Einmal wird er aber vermutlich aussetzen müssen, immerhin hat er schon vier gelbe Karten.
4 Das, was Eddy Schwarz bei uns spielt, hat man früher, glaube ich, Staubsauger genannt.
5 Halle wird aber spätestens am übernächsten Spieltag wieder Punkte hergeben, wenn es ins Hans-Walter-Wild-Stadion geht!